All diejenigen, die schon mal einen Kredit beantragt haben, kennen das Verfahren:
Kreditgeber erkundigen sich bei Wirtschaftsauskunfteien danach, ob ein Unternehmen oder eine Privatperson den beantragten Kredit voraussichtlich auch zurückzahlen wird. Hierzu werten Wirtschaftsauskunfteien alle Daten aus, die sie über ein Unternehmen oder eine Privatperson erlangen können, und berechnen Wahrscheinlichkeiten, sog. Scorewerte, zu deren Kreditwürdigkeit. Welche Regeln und Variablen den
Berechnungen und damit den abschließenden Bewertungen zugrunde liegen, ist ein
streng gehütetes Geschäftsgeheimnis.
Nicht selten liegen den Berechnungen jedoch veraltete oder falsche Daten zugrunde.
Und auch die Beschwerde von Betroffenen, diese Daten zu berichtigen bzw. zu löschen, verhallt zumeist ungehört aufseiten mancher Auskunfteien.
Aufgrund zahlreicher Beschwerden prüfte der Landesbeauftragte für den Datenschutz
und die Informationsfreiheit (LfDI) Baden-Württemberg die Datenerhebung und
-auswertung von Wirtschaftsauskunfteien sowie die daraus resultierenden Berechnungsverfahren für Bonitätsbeurteilungen. Hierbei stellten wir fest, dass Bonitätsbeurteilungen nicht immer anhand konkret vorliegender Daten des jeweiligen Unternehmens vorgenommen wurden, sondern gerade nicht vorliegende Informationen dazu
führten, dass der empfohlene Kreditrahmen niedrig eingestuft wurde. Das heißt: Hatte
die Wirtschaftsauskunftei keine Kenntnis über Unternehmens- oder Finanzzahlen,
wurde eine nur eingeschränkt positive Bewertung an anfragende Dritte weitergegeben – eine positive Bewertung („gut“) sei in diesen Fällen angeblich zu riskant, so die
Auskunftei im konkreten Fall.
Das Problem dabei: Dem durch eine Wirtschaftsauskunftei empfohlenen Kreditrah
men folgen Kreditgeber in aller Regel – die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen durch
notwendige Investitionen bleibt so jedoch auf der Strecke. Zudem könnten Dritte
durch die nur eingeschränkt positive Bewertung den Eindruck gewinnen, die Beurteilung komme durch Zahlungsrückstände des Unternehmens in der Vergangenheit zustande.
Der LfDI stellt hierzu klar, dass eine Bewertung der Kreditwürdigkeit nur rechtmäßig
ist, wenn diese Bewertung auf einer ausreichenden und zutreffenden Tatsachengrundlage beruht. Ein Scorewert, der hauptsächlich auf Wahrscheinlichkeitswerten
basiert, d. h. für dessen Ermittlung die Daten „ähnlicher“ Unternehmen und Personen
als Grundlage dienen, da keine Daten zu dem konkreten Unternehmen vorliegen, ist
schlicht unzulässig. „Es ist nicht hinnehmbar, dass Unternehmen oder Privatpersonen
gezwungen sind, ihre Daten gegenüber Wirtschaftsauskunfteien preiszugeben, wenn
ihnen sonst eine schlechte Bewertung droht“, mahnt LfDI Dr. Stefan Brink. „Der Legitimation solcher Bewertungen unter dem Deckmantel der ‚Meinungsfreiheit‘ treten wir
entschieden entgegen. Denn auch wenn Auskunfteien ihre ‚Meinungen‘ über die Kreditwürdigkeit von Unternehmen und Personen verbreiten, bedarf es eines wahren und
überprüfbaren Tatsachenkerns. Andernfalls stehen das wirtschaftliche Fortkommen
und das Ansehen von unbescholtenen Unternehmen und Privatpersonen auf dem
Spiel.“
Im Rahmen des Prüfverfahrens des LfDI wurde eine in Baden-Württemberg ansässige Wirtschaftsauskunftei gebührenpflichtig verwarnt. Auch künftig wird der LfDI in den
genannten Fällen von seinen Aufsichtsbefugnissen Gebrauch machen.